Zum Ende angekommen

Die letzte Woche hier in Finnland startet nun bei einer der Dachverbände der hiesigen Gewerkschaften. Bei der SAK (Suomen Ammattiliittojen Keskusjärjestö = Zentrale Organisation der finnischen Gewerkschaften) Auch dort wurde ich wieder sehr nett empfangen. Den Vormittag verbrachte ich mit dem gegenseitigen Austausch von Informationen über die jeweiligen Arbeitnehmervertretungen. Da erfuhr ich, dass wir doch mehr Unterschiede im System haben. Was sowohl die Funktion als auch die Befugnisse des Betriebsrats vs. Shop Stuart angeht. Auch die Rolle der Gewerkschaften sind hier ein wenig anders.

Da es hier keine gesetzliche Interessensvertretung gibt, wie bei uns die Arbeiterkammer, hat die Gewerkschaft daher umso mehr zu tun. Auch die Befugnisse und die Möglichkeiten der Shop Stuarts sind viel geringer. So sind z.B. bei den Kollektivvertragsverhandlungen nur die Gewerkschaften auf der Seite der Arbeitnehmer vorhanden. Auch was die innerbetrieblichen Befugnisse betrifft haben die Shop Stuarts viel weniger Möglichkeiten. In Personalfragen (Kündigungen, Einstellungen, usw..) haben sie kein Mitsprache- oder Informationsrecht.

 

Und nachdem ich nun schon das dritte Mal mich über die „Shop Stuarts“ unterhalten habe, habe ich wieder ein Stück mehr erfahren und verstanden. Die Shop Stuarts sind in den Betrieben vertreten aber die „Influencer“ der Gewerkschaften. Ein Shop Stuart ist daher zwangsläufig ein Gewerkschaftsmitglied und kann nur von anderen Gewerkschaftsmitgliedern in einem Betrieb gewählt werden. Was auch zur Folge hat, dass nur Mitarbeiter von einem Shop Stuart vertreten werden die selbst Gewerkschaftsmitglied sind. Dies ist sehr wohl ein Thema im Falle einer Kündigung. Da macht es einen Unterschied ob man Mitglied ist oder nicht. Gerichtskosten sind hier zulande nämlich sehr teuer und diese übernehmen die Gewerkschaften daher nur für Mitglieder.

 

Auf meine Frage warum der Organisationsgrad so hoch ist wird mir erklärt, dass die wahrscheinlichste Ursache am „Automatismus“ liegt. Offensichtlich ist immer noch in den Köpfen der Arbeitnehmer, dass es selbstverständlich ist Mitglied zu sein. Dennoch blickt man mit ein wenig Sorge in die Zukunft da die Mitgliederzahlen auch hier rückläufig sind. Speziell bei den jungen Leuten. Es ist hier zwar nach Island der zweithöchste Organisationsgrad von 70% zu verzeichnen doch trotzdem hier kein Grund sich damit zufrieden zu geben. Man macht sich hier permanent Gedanken über die Mitgliedergewinnung von hauptsächlich jungen Leuten.

 

Wie sehr notwendig das ist habe ich dann am Nachmittag gesehen. Da durfte ich an einer Informationsveranstaltung für den 1. Mai teilnehmen. Und bereits auf den ersten Blick war hier ganz leicht ein Altersdurschnitt von ca. 70 Jahren zu erkennen. Das unterstützt leider die Behauptung, dass sich junge Leute nur mehr sehr schwer für Politik begeistern lassen. Und das wiederum ist nicht nur ein Problem von Finnland, sondern gilt wahrscheinlich in den meisten Ländern.

Der 1. Mai steht auch hier zu Lande ganz hoch im Kurs was Demonstrationen angeht. Ein sogenannter Maiaufmarsch fand statt vom Hakaniemi (Ein Platz an dem rundherum die meisten Gewerkschaften ansässig sind) bis zum Hauptplatz hinter dem Zentralbahnhof. Ein kurzer aber netter Marsch von ca. einer Sunde. An diesem Hauptplatz wurden wir von Musik, Ansprachen und diversen Veranstaltungen empfangen. Ein Fest das bis in die Abendstunden geht.

Meine zwei letzten Tage verbachte ich bei der SAK und bei TSL (Työväen Sivistysliitto = ArbeiterInnen Ausbildungseinrichtung). Die TSL ist eine übergreifende Organisation, dessen Aufgaben in der Weiterbildung und Unterstützung der Gewerkschaften liegt. Im Aufsichtsrat dieser TSL sind Entsandte von sämtlichen Gewerkschaften enthalten. Dies ermöglicht völlig unabhängig und neutral zu arbeiten. Dies ist erforderlich wenn es z.B. um Schlichtungen bei Unklarheiten über Zugehörigkeiten von Mitgliedern geht. Der größere Teil des Aufgabenbereichs liegt jedoch in der Weiterbildung. Die TSL bildet auch die Lehrer weiter. Sie informiert unter anderem über neue Erkenntnisse im Bildungsbereich und Pädagogik.

Abschließend kann ich nur noch sagen, dass ich hier eine sehr schöne und interessante Zeit verbracht habe. Ich habe hier sehr viele herzliche Menschen kennengelernt und bereue keineswegs mein Praktikum in ein für mich so fremdes Land zu absolvieren. Und für alle interessierte für Skandinavien kann ich ein Besuch von Finnland nur wärmstens empfehlen und hoffe, dass ihr es genauso lieben lernt wie ich es habe.

 

Kiitos

Moi Moi

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

54 − = 44