Spannende Tage in Helsinki

Erste Tage in Helsinki und Rakennusliitto

Nach einer tollen Woche in Kiljawa mit Ari-Pekka folgt nun das nächste Abenteuer Helsinki. Mit dem Zug dessen Fahrzeit von über eine Stunde wie im Flug vergangen ist angekommen und wovon werde ich erwartet? Natürlich von einer riesigen Baustelle am Beginn des Zentralbahnhofes. Natürlich standesgemäß für jemanden vom Bau…! Vom Bahnhof zum Hotel mit dem Taxi und nun endlich Zeit zum Entspannen. Die Unterkunft entspricht allen Erwartungen und somit steht einem tollen Aufenthalt in Helsinki nichts mehr entgegen.

 

 

 

 

 

 

 

Um sich gleich mal besser in der Stadt zu orientieren habe ich mir gleich mal ein Ticket per App für sieben Tage gelöst. Mit diesem Ticket sind sämtliche Fahrten mit den öffentlichen Verkehrsbetrieben (Bus, Straßenbahn und Metro) im Gebiet Helsinki bezahlt. Der Preis von € 36,- mag vielleicht ein bisschen hoch erscheinen, ist aber bestimmt die vernünftigere Alternative zum Fahrscheinkauf. Die ersten beiden Tage verbrachte ich mal damit die Stadt ein wenig kennenzulernen. Ich besuchte mal meinen Arbeitsplatz für die nächsten beiden Wochen der Bau-Gewerkschaft Rakennusliitto. Und bei dieser Gelegenheit auch gleich ein paar Sehenswürdigkeiten damit das Kulturelle nicht ganz auf der Strecke bleibt.

 

 

 

 

 

 

 

 

An meinem ersten „Arbeitstag“ wurde ich gleich mal von der Regionalsekretärin Nina Kreutzman sehr herzlich empfangen. Nach einem netten „Kennenlerngespräch“ führte mich Nina durch das gesamte Gebäude der Rakennusliitto und stellt mich jeder(!) Person vor die wir unterwegs trafen. Was auf der einen Seite bestimmt sehr schmeichelhaft aber auf der anderen Seite aber auch sehr ehrfürchtig war, da ich mir weder all die Gesichter und schon gar nicht die Namen merken konnte. Nichts desto trotz wurde ich wirklich von jeder und von jedem sehr herzlich empfangen und wirklich alle überraschten mich mit dessen sehr guten Englischkenntnissen. Diese Eigenschaft hat mich bis jetzt bestimmt am meisten beeindruckt, dass hier wirklich fast alle ein gutes Englisch sprechen.

 

Beim Mittagessen, welches übrigens schon sehr zeitig 11:00 Uhr eingenommen wird, wurde ich über meine nächsten „Aufgaben“ (Abenteuer) informiert. Der Nachmittag war bestimmt ein Arbeitsgewand für mich zu besorgen. Tapio der zuständige Mitarbeiter für Sicherheit fuhr mit mir am Nachmittag in ein Geschäft um die notwendige Ausrüstung für meinen anstehenden Baustellenbesuch zu besorgen. Mit großem Stolz und Dankbarkeit nahm ich dieses Gewand, nach erfolgter Anprobe, entgegen. Die Ausrüstung besteht aus Sicherheitsschuhe, Arbeitshose (nicht zwingend erforderlich aber Tapio dachte ich sich damit ich meine eigene Hose auf der Baustelle nicht schmutzig mache), Arbeitsjacke in Signalfarbe, ein Gilet in Signalfarbe (falls es zu warm wird), einem Helm und einer Sicherheitsbrille.

 

Der Dienstag begann damit, dass ich mit Nina zum „International House Helsinki“ fuhr um dort eine tax-number zu beantragen. Diese Steuernummer ist erforderlich, weil ich für meinen Besuch auf der Baustelle einen Ausweis sichtbar tragen muss. Seit 1. Februar 2006 ist es hierzulande per Gesetz Pflicht, dass jeder der eine Baustelle betritt einen solchen

Ausweis hat. Dieser Ausweis hat unter anderem den Namen des Arbeitgebers, den Namen des Mitarbeiters, Foto sowie die Steuernummer zu beinhalten. Unser Besuch bei diesem Magistrat wurde um eine kleine Überraschung bereichert, nämlich um eine tax-number zu bekommen ist eine Finnische ID nötig und diese wiederum erfordert einen Arbeitsvertrag. So müsste Nina vor Ort einen Arbeitsvertrag(!) aufsetzen (für zwei Wochen Praktikum). Dann bekam ich diese Finische ID und im Anschluss die tax-number. Mit dieser Nummer konnte dann von einer weiteren Mitarbeiterin, Tiina mein „Baustellenausweis“ erstellt werden.

 

 

 

Am Nachmittag durfte ich an einem etwas, eher tragischen, Termin mit Tiina teilhaben. Ein Beratungsgespräch mit einem Mitglied, dass nach einem Arbeitsunfall nicht mehr in der Lage ist seinen Beruf aus Maler weiter auszuüben. Der Mann befindet sich im Alter von 58 Jahren und ist erst seit 2006 in Finnland. Ursprünglich stammt er aus der Schweiz und damit beginnt es mühsam zu werden. Nach einem längeren Krankenstand beantragte er Invalidenrente aus Finnland und der Schweiz. Während für Finnland der Arztbrief ausreichend war, lesen die Eidgenossen etwas Anderes. Der Arztbrief spricht zwar von einer 100%igen Invalidität, die Schweizer Pensionskasse wollen aus dem Arztbrief jedoch nur eine 33%ige Invalidität rauslesen. Des Weiteren kommt dazu, dass dieser Grad der Invalidität zwar für in der Schweiz lebende Schweizer für eine IV Rente ausreichend ist jedoch nicht für Schweizer die im Ausland leben. Die benötigen mind. eine 50%ige Invalidität. Tiina wird sich dieser Sache annehmen um hier vielleicht eine gerechte Lösung herbeizuziehen. Eine hässliche Sache über dessen Ausgang ich hoffentlich informiert werde.

 

Der Mittwoch stand der Baustellenbesuch unter anderem mit dem Direktor Vilppu Oikarinen auf dem Programm. Wir starteten mit dem Besuch auf einer Großbaustelle in Espoo, ein Vorort von Helsinki welcher zum Großraum dazugehört. In Finnland ist unter anderem in den Kollektivverträgen das Recht auf Baustellenbesuche verankert. Dies ermöglicht den Gewerkschaften die Kontrolle um Einhaltung der Arbeits- und Gesundheitsvorschriften und der Kontakt zu deren Mitgliedern. Für mich als „Mann vom Bau“ war es doppelt interessant. Zum einen diese Funktion der Gewerkschaft kennenzulernen und wie Baustellen in anderen Ländern ablaufen. Ich war über das hohe Niveau der Sicherheitsvorschriften ein wenig beeindruckt und muss eingestehen, dass wir da in Österreich bestimmt noch „Luft nach oben haben“. Auch die zum teils unterschiedliche Bautechnik, die ich euch aber hier ersparen möchte, hat mich doch auch sehr erstaunt.

 

Dem Nachmittag gehörte dem Besuch von Betonmischwerken aus einem ganz besonders wichtigen Grund. Die Gewerkschaft Rakennusliitto hat am Donnerstag und Freitag in den Bereichen Betonindustrie einen Streik. Ein Streik hierzulande ist wirklich sehr selten. Und wenn ich das hier richtig verstanden habe, ist das der erste Streik seit 42(!) Jahren.

Thema des Streiks ist unter anderem der Protest, dass immer mehr Arbeitnehmer gekündigt werden und stattdessen Zeitarbeitskräfte eingestellt werden, € 0,50 mehr Stundenlohn und die Ablehnung für lohnfreie 24 Stunden pro Jahr. In den übrigen Branchen ist es mittlerweile vereinbart, dass die Arbeitnehmer für bis zu 24 Stunden pro Jahr für unentgeltliche Arbeitsleistungen herangezogen werden können. Auch wenn der Dachverband der Gewerkschaften die SAK dem zugestimmt hat, hat die Rakennusliitto nicht vor dem auch zu folgen. Ein weiteres Thema der Arbeitsniederlegung ist die Absicht der Arbeitgeber ein Zeitkonto einzuführen. Der Sinn des Zeitkontos soll sein, dass Überstunden mit Zuschlägen nicht mehr ausbezahlt werden sondern angespart werden und wenn wenig oder keine Arbeit da ist, diese wieder abgebaut werden sollen. Auch das ist ein Punkt den die Arbeiter nicht so einfach hinnehmen wollen.

Und um Sicherzustellen, dass den Mischwerken der kommende Streik auch bekannt ist, wurden Informationen verteilt und auch nachgefragt.

 

Am Donnerstag durfte ich vormittags einer Sitzung der EWC (European Works Council) beipflichten. In dieser Runde waren sämtliche Delegierte aus den finnischen Fachgewerkschaften anwesend die im speziellen Themen über Ihre Erfahrungen in ihren Branchen länderübergreifend berichteten. Bei dieser Gelegenheit hatte ich die Möglichkeit über unsere Arbeitnehmervertretung zu referieren. Natürlich in Englisch(!). Zu meiner Verwunderung wurde das gesamte Meeting in Englisch abgehalten als Höflichkeit mir gegenüber. Für mich war es sehr erstaunlich wie gut in dieser Runde Englisch gesprochen wurde. Ein Niveau das ich mir eher in England aber bestimmt nicht in Norwegen erwartet habe.

 

 

 

 

 

 

 

 

Nach einem wieder sehr frühen Mittagessen ging es nun mit Nina und Johanna (eine Gewerkschaftssekretärin) zu einer Versammlung nach Puistokulma. Dort fand eine Informationsveranstaltung mit Shop-Stewards über Leitern, Diskriminierung und Sicherheit statt. Zu Beginn der Veranstaltung stellte ein Vertreter die neuesten Leichtmetallleitern für Baustellen vor. Im Anschluss referierte Johanna über das Thema Diskriminierung von Frauen, Sexualität und Herkunft der Mitarbeiter auf Baustellen. Sowohl Nina und auch Johanna waren sehr positiv überrascht über die rege Mitarbeit und tollen Diskussionen zu diesen Themen der Arbeiter. Sie hatten mir erzählt, dass es eine solche Veranstaltung über dieses Thea bereits vor fünf Jahren gab und dieses damals niemanden interessierte und als unwichtig abgetan wurde. Umso erfreulicher diese Wandlung zu diesem Thema. Den Abschluss fand dann noch der Vortrag eines „Arbeitsinspektor“ über Arbeitssicherheit auf Baustellen statt. Ähnlich einer Unterweisung wie es auch bei uns, allerding nur von einer Sicherheitsfachkraft, üblich ist. Leider hat sich diese Veranstaltung ausschließlich in Finnisch zugetragen, was mein Verständnis ein wenig geschmälert hat.

 

 

 

 

 

 

 

 

Alles in allem hatte ich einen tollen Start auch in Helsinki. Mein nächstes Programm klingt auch sehr viel versprechen. Heute starte ich mit einem großen Schiff nach Stockholm um mit jungen Mitgliedern von Rakennusliitto Werbeclips zu drehen. Und ab Montag werde ich nach Kuopio für drei Tage fahren um ein Sicherheitstraining gemeinsam mit Shop-Stewards zu absolvieren. Aber dazu mehr im nächsten Blog

 

Moi moi

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